• Herbsttagung der Aktion Grundwasserschutz

    Erträge in der ökologischen Landwirtschaft

    Getreidefeld vor Unterfränkischer Landschaft

1. Dezember 2017

Erträge in der ökologischen Landwirtschaft

Volles Haus bei der Herbsttagung der Aktion Grundwasserschutz in Unterfranken

Wie groß sind die Ertragsunterschiede bei ökologischer Bewirtschaftung im Vergleich zum konventionellen Anbau? Ist eine ausreichende Nährstoffversorgung und eine langfristige Bodenfruchtbarkeit – auch ohne Tierhaltung – dauerhaft möglich? Wo gibt es Optimierungsbedarf und an welchen Stellschrauben können Landwirte drehen? Diesen Fragen widmete sich die diesjährige Herbsttagung der Aktion Grundwasserschutz mit dem Thema „Erträge in der ökologischen Landwirtschaft“. Rund 80 Interessierte kamen am 1. Dezember 2017 ins Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten nach Bad Neustadt an der Saale.

„Unterfranken ist ein Hotspot der Klimaerwärmung und die „Gesellschaft hat ein Recht darauf, dass wir sorgsam mit dem Grundwasser umgehen“, sagte Christian Guschker von der Regierung von Unterfranken in seiner Begrüßung. „Wir hatten seit 2003 keine richtig nassen Jahre mehr.“ Das führte im Frühjahr 2017 in einigen Regionen bereits zu Einschränkungen beider Trinkwasserbereitstellung. Seit 2001 gibt es die Aktion Grundwasserschutz und seit 2008 die Initiative „Grundwasserschutz durch Öko-Landbau“, mit denen die Regierung von Unterfranken auf die besonderen Herausforderungen in der Region Unterfranken reagiert hat.

In seinem einführenden Vortrag erklärte Bernhard Schwab „die Rechnung: halber Ertrag, doppelter Preis und mehr Bodenfruchtbarkeit im Ökolandbau“ funktioniert so einfach nicht. Es gebe eine große Streuung zwischen den langjährig ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Gute Erträge seien auch im Ökolandbau wichtig, da z.B. die Direktzahlungen zunehmend an Bedeutung verlieren, und der Faktor Boden knapp sei. „Optimierungsbedarf gibt es bei der Schwefeldüngung zu Futterleguminosen, die auch zu Mehrertrag bei den Folgefrüchten führen“, meinte er. Die Verbesserung der Stickstoff- und Humusversorgung durch einen gezielten Feldfutter- und Zwischenfruchtbau mit entsprechender Nährstoffrückführung sei ein elementar wichtiger Faktor. „Ein Betrieb ist umso leistungsfähiger und umso gesünder, je besser seine Futterwirtschaft ist“, zitierte er aus einem Lehrbuch für Landwirtschaft aus dem Jahr 1955, daran habe sich bis heute nichts geändert.

Die Pflanzenernährung habe im Ökolandbau einen enorm wichtigen Stellenwert, betonte Dr. Joachim Liebler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Uffenheim in seinem Beitrag. „Hier wird daher die bestmögliche Bodenuntersuchung gebraucht“. Die Bodenstruktur sei entscheidend für einen fruchtbaren Boden, da die Nährstoffaufnahme an der Bodenoberfläche stattfindet. „Eine gute Krümelstruktur wird durch Chemie und Biologie gemacht und nicht durch Physik“ (Bodenbearbeitungsgeräte). Für Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall sei häufig auch eine unzureichende Pflanzenernährung ursächlich. Wenn Kalium, Magnesium und Bor fehlten, könnten sich saugende Insekten stark ausbreiten. Stickstoff könne nur dann die beste Wirkung erzielen, wenn alle 14 essentiellen Nährstoffe in einem harmonisch abgestimmten Verhältnis zur Verfügung stünden. Und ohne eine ausreichende Mineralstoffversorgung arbeiteten auch die für den Ökolandbau elementar wichtigen Knöllchenbakterien nicht ausreichend.

Gustav Alvermann vom Ökoring Schleswig-Holstein referierte über Ertragsdifferenzen in Deutschland. In Schleswig Holstein würden auf konventionellen Betrieben durchschnittlich 90 Dezitonnen Getreide gedroschen, Biobetriebe ernteten in den klimatischen Gunstlagen zuweilen nur 40% vom konventionellen Ertrag. Dass die Ertragsunterschiede zwischen öko und konventionell in Unterfranken deutlich geringer sind, errechnete er mithilfe der anwesenden Landwirte. 65% vom konventionellen Ertrag wird hier im Schnitt bei Öko-Getreide gedroschen. „Trockene Standorte können Öko besser“, erklärte der Berater. Ein Öko-Bauer, der zuvor 20 Dezitonnen pro ha Getreide geerntet hat, konnte nach der Ausbringung von Mist und dem Einsatz von legumen Zwischenfruchten 50 Dezitonnen pro ha ernten. Entscheidend sei natürlich auch, ob es in der Vegetationsperiode ausreichend regnet, die Temperatur stimmt und entsprechend genug Stickstoff aufgenommen werden kann. In Schleswig-Holstein hätten Umsteller heutzutage in der Regel auch Tierhaltung. Alternativen zur eigenen Tierhaltung seien Kooperationen mit tierhaltenden Höfen oder Biogasbetrieben.

Wie sich viehlose Bewirtschaftung im Ökolandbau auf den Humusgehalt und die Fruchtfolgeleistung auswirkt, erörterte Dr. Franz Schulz von der Justus-Liebig Universität Gießen. Hierzu hat er für die Universität Gießen auf dem Versuchsbetrieb Gladbacherhof seit 1998 einen Fruchtfolgedauerversuch angelegt und die Auswirkungen von viehhaltender mit viehloser Bewirtschaftung auf den Humusgehalt und die Fruchtfolgeleistungen verglichen. Auf den Flächen mit viehloser Bewirtschaftung ohne Grünbrache sei der Humusgehalt seit Beginn der Versuche vor 20 Jahren um 11% zurückgegangen. Auch die Erträge der oberirdische Pflanzenmasse befänden sich im Abwärtstrend. Körnerleguminosen und Futterleguminosen als Zwischenfrüchte alleine reichten nicht aus, um ausreichend Humus und Stickstoff für eine viehlose Fruchtfolge bereit zu stellen. „Futterleguminosen in der Hauptfrucht gehörten deshalb in jede Öko-Fruchtfolge“, resümierte Schulz.

Werner Vogt-Kaute von der Naturland-Fachberatung wies in seinem Beitrag zur Bodenfruchtbarkeit neben dem gezielten, standortangepassten Anbau von Leguminosen auf die Bedeutung von Humusaufbau und -pflege hin. „Jeder Ökobetrieb sollte bestrebt sein, eine eher positive Humusbilanz zu haben und eine standortgerechte Strategie zwischen Humusaufbau und -abbau zu finden“. In Unterfranken bestehe durch die relativ hohen Temperaturen eine höhere Tendenz zum Humusabbau. Durch die längere Vegetation sei jedoch auch mehr Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten möglich. Eine zu hohe Intensivierung der Bodenbearbeitung z.B. durch zu häufiges Hacken sollte im Hinblick auf Humuserhalt vermieden werden.

Über Ertragsentwicklung im Ökolandbau gab Prof. Dr. Klaus-Peter Wilbois einen Ausblick. „Die viel diskutierte Lücke beim Naturalertrag im Vergleich zum konventionellen Anbau ist geringer als es die Zahlen auf den ersten Blick widergeben, wenn man die zusätzlichen Ökosystemleistungen des Ökolandbaus mit einbezieht“, erklärte er. Ferner müsse der Vorwurf, mit Ökolandbau müssten viel mehr Menschen auf der Welt hungern, relativiert werden. Einerseits hätten Untersuchungen gezeigt, dass im weltweiten Durchschnitt der Ertragsunterschied erheblich geringer ausfällt als an Hochertragsstandorten wie Deutschland. In weniger entwickelten Ländern sei der Ökolandbau ertraglich teilweise sogar deutlich überlegen. Ferner müsse auch darauf hingewiesen werden, dass die für die Welternährung problematischen Ertragsunterschiede nicht so sehr zwischen ökologischer und konventioneller Wirtschaftsweise lägen, sondern zwischen Erträgen in Ländern mit niedrigem Einkommen und jenen mit besseren Voraussetzungen. Wenn es die Weltgemeinschaft schaffe, diese sehr geringen Erträge in Ländern mit niedrigem Einkommen zu steigern, hätte sie einen mächtigen Hebel in der Hand, da es nach dem Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachs wesentlich effektiver sei, hier anzusetzen als in Hochertragsregionen wenige Prozent Ertragszuwachs mit vergleichsweise hohen Seiteneffekten für die Umwelt zu erzielen.

Vorträge zum Download

  • Erträge im Ökolandbau – wo gibt es Optimierungsbedarf? Bernhard Schwab (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bamberg)
  • Ertragsdifferenzen deutschlandweit und regionale Unterschiede Gustav Alvermann (Ökoring Schleswig-Holstein)
  • Wie wirkt sich viehlose Bewirtschaftung im Ökolandbau aus? Dr. Franz Schulz (Justus-Liebig Universität Gießen)
  • Bodenfruchtbarkeit versus Erträge? Werner Vogt-Kaute (Naturland-Fachberatung)
  • Ertragsentwicklung im Ökolandbau – Ausblick Prof. Dr. Klaus-Peter Wilbois (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf)
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