Wasserversorgungsbilanz Unterfranken 2035
Zusammenfassung
Die Trinkwasserversorgung in Unterfranken ist derzeit gesichert, jedoch sind lokale und örtliche Maßnahmen erforderlich, um die Versorgungssicherheit angesichts des Klimawandels zu gewährleisten. In den Trockenphasen der letzten Jahre kam es zu signifikanten Rückgängen der Quellschüttungen in bestimmten Gebieten, was die Notwendigkeit regionaler Lösungen zur Sicherstellung der Wasserversorgung verdeutlicht. Zudem bleibt die Nitratbelastung des Rohwassers – trotz eines negativen Trends – in einigen Regionen hoch, was zusätzliche Anstrengungen zum Schutz des Grundwassers erfordert.
Angesichts des steigenden Bewässerungsbedarfs in der Landwirtschaft und den Herausforderungen des Klimawandels ist eine verstärkte Vernetzung und Kooperation zwischen Wasserversorgern unerlässlich, um zukünftige Konflikte zu vermeiden und die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Der leichte Bevölkerungsrückgang sowie der geringere Pro-Kopf-Verbrauch reduzieren den Druck dahingehend zwar etwas, können die angesprochenen Problematiken bei der Wasserversorgung jedoch nicht in ausreichendem Maße abmildern.
Zielsetzung
Mit der Wasserversorgungsbilanz Unterfranken, die 2022 in aktualisierter Form veröffentlicht wurde, bewerten die Wasserwirtschaftsämter Aschaffenburg und Bad Kissingen sowie die Regierung von Unterfranken die Situation der öffentlichen Trinkwasserversorgung heute und mit Blick auf 2035. Es werden Prognosen zur Entwicklung des nutzbaren Dargebotes sowie des künftigen Wasserbedarfs angestellt und noch vorhandene Wasserreserven und die Versorgungssicherheit bewertet. Die Bilanz beinhaltet vielfältige weitere Informationen, wie z.B. die Situation der Rohwasserqualität oder der festgesetzten Wasserschutzgebiete. Sie schlägt Maßnahmen vor, die nach staatlicher Einschätzung näher betrachtet werden sollten, um die öffentliche Trinkwasserversorgung auch für die Zukunft gut zu rüsten. Betrachtet wird dabei sowohl die Versorgungssituation in Unterfranken als auch in den drei unterfränkischen Regionen. Die Wasserversorgungsbilanz stellt ein Instrument zur Beratung der Wasserversorgungsunternehmen dar und will eine Hilfestellung für die Unternehmen sein, ihre Anlagen eigenverantwortlich im Detail zu überprüfen.
Die Ergebnisse der Wasserversorgungsbilanz – eine Übersicht
- Trinkwasserversorgung
Die Versorgung der Bevölkerung Unterfrankens mit einwandfreiem Trinkwasser kann aktuell und in den nächsten 15 Jahren gesichert werden. Zur langfristigen Gewährleistung der Versorgungssicherheit werden aber, insbesondere zur Deckung des Tagesspitzenbedarfs, lokale und überörtliche Maßnahmen notwendig sein. Dies gilt verstärkt mit Blick auf den Klimawandel.
- Bevölkerungsentwicklung
Der demographische Wandel bewirkt bis 2035 einen leichten Bevölkerungsrückgang um 1,4 % gegenüber 2018. Dabei stehen den weitgehend stabilen Bevölkerungszahlen in den Ballungsräumen etwas stärkere Rückgänge in strukturschwachen Kommunen (bis zu 10 %) gegenüber.
- Quellschüttung und Trockenheit
In einigen Gebieten der Mittelgebirge Odenwald, Spessart und Rhön wurden in den jüngsten Trockenphasen (2015, 2018, 2019) neue Quellschüttungsminima mit Rückgängen von 10 bis 90 % gemessen. Andernorts zeigten auch Brunnen relevante Leistungsrückgänge. Zum Höhepunkt der Trockenphasen konnte vielerorts der Wasserbedarf nicht vollständig abgedeckt werden, in Einzelfällen waren Notmaßnahmen erforderlich. Hier können oft nur überörtliche, in Einzelfällen auch nur regionale Verbundlösungen, wie bereits in der WVB2025 herausgearbeitet, wirksame Verbesserung schaffen.
- Wasserversorgung aus einer Fassung
Eine eingeschränkte Versorgungssicherheit weisen zudem Gebiete auf, deren Wasserversorgung nur auf einer einzelnen Fassung (Brunnen, Quelle) beruht. Bei einem Ausfall dieser Fassung kommt die örtliche Wasserversorgung zum Erliegen. Die Erschließung eigener neuer Vorkommen sowie lokale und regionale Verbünde stehen als Lösungen offen.
- Fernwasser
Der Nettobezug von Fernwasser aus anderen Regionen Bayerns ist 2018 auf 2,5 Mio m3/a bzw. 3 % des unterfränkischen Wasserverbrauchs gesunken. Eine nennenswerte Bedeutung hat Fernwasser bislang nur in der Region 2 (Würzburg). Mit dem Klimawandel wird die Bedeutung der Fernwasserversorgung wieder ansteigen, wie erste Planungen im Grabfeld zeigen.
- Klimawandel und Wasserversorgung
Der Einfluss des Klimawandels auf die Wasserversorgung in Unterfranken wird bis 2035 spürbar zunehmen. Extreme Trockenphasen und schnell steigende Temperaturen werden nicht nur Versorgungsgebiete mit hohen Quellwasseranteilen beeinträchtigen, sondern – in unterschiedlicher Ausprägung – alle Wasserversorger. Hierfür sind auf allen technischen und organisatorischen Ebenen entsprechende Vorsorgemaßnahmen zur Sicherstellung von Quantität und Qualität des Trinkwassers zu treffen.
- Nitrat
Die Nitratbelastungen des Rohwassers sind in einigen Gebieten nach wie vor hoch, auch wenn der Trend zum Rückgang der Nitratbelastungen mit mehr als 50 mg/l anhält. Es sind weiterhin erhebliche Anstrengungen zum Schutz des Grundwassers erforderlich, zumal die Herausforderungen an das Management des Nitrathaushalts im Boden durch den Klimawandel wachsen werden.
- Grundwasserdargebot
Das Dargebot an Grundwasser in Unterfranken ist zusammen mit dem Fernwasserbezug aktuell und in den nächsten rund 15 Jahren in der Summe ausreichend, um neben den aktuellen Nutzungen auch die oben genannten Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit realisieren zu können. Die bisherigen und zukünftigen klimatischen Veränderungen, auch über 2035 hinaus, verstärken aber örtliche Dargebotsdefizite, insbesondere bei der Abdeckung des Spitzenbedarfs. Hier sind Prüfungen und angepasste Lösungen erforderlich.
- Vernetzung und Kooperation
Aus Gründen der Versorgungssicherheit, betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen sowie unter den Vorzeichen des Klimawandels wird die Bedeutung von Kooperationen, Zweckverbänden und Verbundnetzen deutlich zunehmen. Es ist ein Gebot der Stunde, durch regionale und überregionale Vernetzung die einzelnen Versorgungsgebiete möglichst redundant weiterzuentwickeln.
- Bewässerungsbedarf
Der landwirtschaftliche Bewässerungsbedarf ist in den letzten Jahren schnell angestiegen. Der Klimawandel beschleunigt diese Entwicklung bereits aktuell. Für die Zukunft muss von einem zunehmenden Konfliktpotenzial mit anderen Wassernutzern (Öffentliche Trinkwasserversorgung, Brauchwasser) und ökologischen Schutzgütern ausgegangen werden. Zur Vermeidung oder Minimierung derartiger Konflikte ist ein aktives Management der landwirtschaftlichen Entnahmemengen erforderlich. Hierfür liegen erste methodische Ansätze vor.
- Grundwasserkörper
Die WVB bestätigt die Ergebnisse des Monitorings im Zuge der Umsetzung der EU-WRRL sowie die Ansätze im Maßnahmenprogramm, um belastete Grundwasserkörper in einen guten Zustand zu überführen. Der Planungsraum Unterer Main (etwa der Regierungsbezirk Unterfranken) hat Anteil an 44 Grundwasserkörpern. Sie sind alle in einem guten mengenmäßigen Zustand, d.h. es ist auf dieser Maßstabsebene derzeit keine Übernutzung der Grundwasserkörper erkennbar. Allerdings besteht für einen Grundwasserkörper östlich von Würzburg das Risiko, dass er den guten mengenmäßigen Zustand verfehlt. Neun Grundwasserkörper verfehlen den guten chemischen Zustand aufgrund überhöhter Nitratbelastungen. Dies entspricht etwa einem Drittel der Fläche des Planungsraums Unterer Main. Hier sind Maßnahmen zur Sanierung der Grundwasservorkommen erforderlich, die vor allem auch Gemarkungen außerhalb von Wasserschutzgebieten betreffen.
- WVU
WVU mit realen Problemen in Trockenphasen zeigen oft eine Übereinstimmung mit den Bewertungen der WVB. Es treten aber auch Versorgungsengpässe durch lokale technische oder hydrologische Probleme auf, die nicht durch die formalen Bewertungen der WVB aufgedeckt werden können. Letztlich liegt es in der Verantwortung der Versorgungsunternehmen, allen Hinweisen auf Versorgungsengpässe, seien es solche aus der WVB oder konkrete vor Ort, gezielt nachzugehen und eventuell vorhandene Defizite zu beseitigen. Hierbei muss immer wieder berücksichtigt werden, dass sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit kontinuierlich verschärfen werden.
- Ausblick: nach 2035
Für den Prognosehorizont nach 2035 sind die Ergebnisse der WVB Unterfranken, insbesondere vor dem Hintergrund eines sich verstärkt auswirkenden demographischen Wandels und den gleichzeitig zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels, rechtzeitig zu überprüfen, die WVB fortzuschreiben sowie Maßnahmen abzuwägen und ggfs. zu planen.