• 8. Dezember 2023

    Herbsttagung Initiative Grundwasserschutz durch Ökolandbau 2023

Strukturwandel/Kulturwandel – Hofnachfolge im Öko-Landbau

Freitag, 8. Dezember 2023, 13:30 bis ca. 17:00 Uhr

Veranstaltungsort: Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
Von-Luxburg-Straße 4, 97074 Würzburg (Aula) 

Rund 80 Interessierte folgten der Einladung zur Herbsttagung der Initiative Grundwasserschutz durch Ökolandbau im Rahmen der AKTION GRUNDWASSERSCHUTZ am 8. Dezember 2023 ins Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Würzburg.

„Landwirtschaft ohne Boden funktioniert nicht, Landwirtschaft ohne Wasser funktioniert auch nicht. Die allerwichtigste Ressource ist und bleibt aber der Mensch“, sagte Johanna Schenk von der Regierung von Unterfranken in ihrer Begrüßungsansprache und ergänzte: „Gerade in Anbetracht des Klimawandels ist die Zukunftsperspektive landwirtschaftlicher Betriebe von großen Herausforderungen gekennzeichnet. Vielleicht bietet gerade der ökologische Landbau hier Chancen“. Damit eine an die Belastbarkeit des Planeten angepasste Landbewirtschaftung erfolgen kann, sei es relevant, den Ökolandbau über die Generationen hinweg zu erhalten. Die gelingende Hofnachfolge stelle dafür die entscheidende Voraussetzung dar.

Im einführenden Beitrag präsentierte Kerstin Spory vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) die Ausgangslage. Seit Jahrzehnten verzeichne Deutschland einen kontinuierlichen Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe. Bei etwa zwei Drittel der Betriebe in Deutschland mit Betriebsleitenden älter als 55 Jahre sei die Hofnachfolge noch nicht geklärt, ursächlich hierfür seien auch fehlende Hofnachfolger*innen“. Fehlende Hofnachfolge betreffe ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe gleichermaßen. „Die Anzahl der Öko-Betrieb in Unterfranken hat sich seit Beginn der Initiative Grundwasserschutz durch Öko-Landbau im Jahr 2008 um rund 250% erhöht, die ökologisch bewirtschaftete Fläche hat sich in diesem Zeitraum mehr als verfünffacht. Damit eine weitere Ausweitung des Öko-Landbaus in Unterfranken gelingen kann, ist es im Sinne des Projektes wichtig, dass auch bestehende Öko-Betriebe und -Flächen weiterhin ökologisch bewirtschaftet werden“, so Spory.

Dr. Robert Hermanowski, Geschäftsführer von FiBL Deutschland teilte in seinem Vortrag seine 30-jährige Erfahrung im Bereich des ökologischen Landbaus sowie seine Eindrücke aus einer Radtour im Jahr 2021 durch Deutschland, bei der er zusammen mit Berater*innen, Bio-Bauern und -Bäuerinnen 50 Bioland-Betriebe besucht hatte. „Der Ausstieg aus dem Betrieb ist neben dem Einstieg die größte berufliche und häufig auch familiäre Herausforderung für Landwirte und Landwirtinnen“, so der Agrarökonom. Anhand seiner Beobachtungen klassifizierte er verschiedene Arten von Übergabe-Typen, u.a. die „Traditionalisten“, die nach dem Prinzip „das haben wir schon immer so gemacht“ handeln, über die „Enttäuschten“, die sich die Übergabe einfacher vorgestellt hätten, bis zu den „Schlüsselabgebern“, die nach ihrem Ausstieg nichts mehr mit dem Betrieb zu tun haben möchten. Er riet nachdrücklich, für diesen Prozess externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Am Beispiel des Talkmasters, Thomas Gottschalk, der kurz zuvor seine Sendung „Wetten dass…“ zum letzten Mal moderiert hatte, machte er deutlich, dass es wichtig sei, den Prozess frühzeitig zu starten und nicht zu spät abzugeben, wie im Falle von Gottschalk passiert. Und auch am Beispiel „Wetten dass…“: Respekt vor der neuen Generation zu haben; wie Shirin David, die bei Gottschalk zu Gast war und so gar nicht in sein veraltetes Weltbild passte.

Julia Herrle, hat zusammen mit ihrem Mann, Jürgen Herrle, den elterlichen Zehntfreyhof übernommen. In ihrem Beitrag gewährte sie nicht nur einen Einblick in ihre persönliche Geschichte, sondern teilte auch wertvolle Erkenntnisse über die Herausforderungen und Chancen, denen Frauen in der Landwirtschaft begegnen können. Sie betonte die bedeutende Rolle von gegenseitigem Respekt und Einfühlungsvermögen im Hofnachfolgeprozess und unterstrich die Wichtigkeit, bei Bedarf professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Jürgen Herrle, der selbst als weichender Erbe von einem landwirtschaftlichen Betrieb stammt, gab den Teilnehmenden ganz praktische Tipps an die Hand: „Konflikte sind oft wichtig, um verhärtete Strukturen aufzubrechen“, „sucht Euch einen Bereich, in dem Ihr Euren Selbstwert stärkt, damit Ihr Euch nicht nur über den Betrieb definieren müsst und führt klare Trennungen der Bereiche durch“. Trotz zahlreicher Herausforderungen waren beide überzeugt, dass die Entscheidung, den Betrieb zu übernehmen, die richtige war.

Den Betriebsübergabeprozess der Kraus-Egbers-Mosmann GbR präsentierte Dieter Kraus-Egbers. Eindrücklich schilderte der Landwirt, wie sich der Bio-Betrieb über vier Jahrzehnte von einem kleinen Betrieb zu einem Unternehmen mit zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) entwickelt hat. Inzwischen sind sowohl sein Sohn als auch seine Tochter sowie ein Schwiegersohn in den beiden Unternehmen tätig. Sein Erfolgsrezept: „Wir haben viel Beratung und Coaching in Anspruch genommen, zudem hat jeder bei uns seinen eigenen Verantwortungsbereich. Zudem muss man auch lernen zuzuschauen, auch wenn man weiß, das wird nichts. Bei Konflikten hilft: darüber reden und wieder aufeinander zugehen“, so Egbers. Dass die Hofnachfolge kein Stichtagsereignis ist, sondern ein Prozess, machte das Beispiel der Kraus-Egbers-Mosmann GbR deutlich: nach über zehn Jahren soll die Übergabe des Betriebes 2024 abgeschlossen sein.

Wie es gelingen kann, einen Betrieb außerfamiliär zu übernehmen, erläuterte Martin Schäfer. „Nach meinem Master in Gartenbauwissenschaften wollte ich nicht in einem Büro oder Labor arbeiten, sondern mir einen Traum verwirklichen und etwas Eigenes aufbauen“ berichtete Schäfer. Im Jahr 2018 begann er seine Tätigkeit zunächst als Angestellter in der Gärtnerei von Veit Plietz und hat seit 2021 die Gärtnerei, die inzwischen unter dem Namen „Raritätengärtnerei Schwarzach“ firmiert, gepachtet. Plietz hatte zuvor bereits einige Jahre erfolglos nach einem Nachfolger gesucht. „Das war für mich vielleicht von Vorteil, weil dadurch die Ansprüche nicht so hoch waren“, sagte Schäfer mit einem Augenzwinkern. Der Sohn der Familie Plietz hatte eher kaufmännisches Interesse und führt den Lieferservice Öko-Kiste, die von der Gärtnerei beliefert wird, wirtschaftlich und örtlich sind beide Unternehmen getrennt.

Im Rahmen eines Marktplatzes präsentierten verschiedene Beratung-Organisationen (Familie & Betrieb, Bayerischer Bauernverband, Bioland-Beratung, Kugler & Rosenberger) ihre Angebote zum Thema Hofnachfolge. Bei einem Imbiss hatten die Teilnehmenden darüber hinaus die Gelegenheit, sich mit Berufskollegen und -kolleginnen und den Beratungskräften tiefergehend auszutauschen.

Insgesamt bot die Tagung eine gute Plattform, um die vielen Herausforderungen und Lösungsansätze im Bereich der Hofnachfolge zu diskutieren. Die Vielfalt der präsentierten Übernahme-Modelle und die intensiven Gespräche trugen dazu bei, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gelungenen Hofnachfolge zu schärfen, um Maßnahmen für einen erfolgreichen Übergang rechtzeitig einzuleiten, resümierte Bernhard Schwab (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt).

Programm

13:30 Uhr  Begrüßung
Gerd Düll, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Würzburg
Christian Guschker, Regierung von Unterfranken
13:45 Uhr  Einführung, Moderation 
Kerstin Spory, Forschungsinstitut für biologischen Landbau e.V. 
14:00 Uhr Früher war alles besser!? Hofnachfolge im Öko-Landbau
Dr. Robert Hermanowski, Forschungsinstitut für biologischen Landbau e.V.
Wie kann die Nachfolge gelingen? Praxis-Beispiele
14:20 Uhr Innerfamiliäre Hofnachfolge, Übernahme der Tochter mit Ehemann 
Julia Herrle, Zehntfreyhof Ramsthal 
14:40 Uhr Innerfamiliäre Nachfolge mehrerer Kinder in einer GbR
Kraus-Egbers-Mosmann GbR, Oberaltertheim
15:00 Uhr Pause/Imbiss
15:20 Uhr Marktplatz – Beratungsorganisationen stellen ihre Angebote zur Hofnachfolgeberatung vor (Kontaktaufnahme / Austausch)
Ländliche Familienberatung, Bayerischer Bauernverband,
Bioland-Beratung, Kugler & Rosenberger
16:00 Uhr Außerfamiläre Betriebsnachfolge in einer Gärtnerei
Martin Schäfer, Raritätengärtnerei Schwarzach
16:20 Uhr Abschlussdiskussionsrunde – wie kann der Wandel gelingen?
Beteiligte und Bernhard Schwab, AELF Karlstadt
17:00 Uhr Abschluss  

Impressionen:

Vorträge zum Download

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